Franz ZauleckZaulex.de

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10. Mai 2017: Fledermaus zeichnen (Für Gerhard Oschatz)

Gerhard O. Batman hängt an einem Zweig. Füße nach oben. Kopf nach unten. So betrachtet er grinsend die Welt. Alles, was für die Normalen oben ist, ist für ihn unten. Und genauso ist, was für uns unten ist, für ihn oben.

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15. Dezember 2013: Der Kuckuck, der Esel und der Streit

»Der Kuckuck und der Esel, die hatten einen Streit.« Alle kennen dieses bukolische Frühlingslied. – Es treten auf: Ein Kuckuck und ein Esel. Das Stück ist naturgemäß eine Komödie, die heißt, wie Komödien meistens heißen: »Der Streit«.

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21. September 2013: Flamingos malen (Für Hannelore Teutsch)

Scheinbar mühelos bringt Hannelore Teutsch die brausende Weltmechanik zum Schweigen. Die Zauberin hebt die linke Hand und sagt den Dingen: Halt! Und sofort stehen sie still; – die fallenden Äpfel und die stürzenden Mädchen, der Mond hinter den Birken, der Schatten am Tacheles, die Biegung in der Krausnickstraße. Alles scheint gefroren.
Hannelore Teutsch hält das Uhrpendel an. So etwas kann, außer der dreizehnten Fee, nur die Malerin: – mit einer Handbewegung den getriebenen und erregten Formen einen Dornröschenschlaf verordnen. Hundert Jahre Schlaf. – Wäre das ein Rettungsvorschlag für die kranke Menschheit?

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30. Mai 2013: Keine Reise wegen nichts – Laudatio für ATAK zur Ausstellung der ZEITZEICHNER in Frankfurt an der Oder

Niemand unternimmt eine Reise wegen nichts. Ich stelle mir vor, dass eines nicht allzu fernen Tages ein Außerirdischer unsere Erde besuchen wird. Sein Auftrag lautet: in kürzester Zeit möglichst viel Material über den Zustand des Planeten einzusammeln. Diese Reise ist von großer Wichtigkeit, schließlich bereitet sie die Invasion der Leute von draußen vor. Im All herrschen miserable Verhältnisse und es hat sich herumgesprochen, dass man auf der Erde gut leben kann. – Gute Luft, gutes Wasser, gutes Klima, viel Gemüse, schöne Tiere.

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8. März 2013: Fordert die Polizei die Papiere, will sie dein Leben sehen oder Ein Computer ohne Drucker ist ein Witz (Nachwort zum Katalog "Papier. Korb. Zeit.")

Am Ende ist alles Papier. Wenn seine Zeit gekommen ist, übernimmt es die sichere Herrschaft. Der Papiertiger besiegt immer den lebendigen. Das farbige warme Leben läuft auf graues kaltes Papier zu. Papier ist geduldig. Papier kann warten. Das Wunder der Geburt wird von der Geburtsurkunde bezeugt. Das letzte Papier ist der Totenschein. Fordert die Polizei die Papiere, will sie dein Leben sehen. Papiere entscheiden über Leben und Tod. Auch im digitalen Zeitalter bleibt es dabei. Ein Computer ohne Drucker ist ein Witz. Alles wird abgestempelt und abgeheftet.

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27. Dezember 2012: Wo ist der Haacken? (Über Till Schröders Frans-Haacken-Buch)

Der »Haacken-Sound« ist eine spezielle Mischung aus Steifheit und Charme. Haacken ist ohne Zweifel ein gewiefter Zeichner Er hat sich aber sehr bewusst einen manieristischen Stil angeeignet, der das Gekonnte in das Gespannte verwandelte. Die Primitivität, die er als geübter Expressionist anstrebte, hat ihm Mittel in die Hand gegeben, die ihn sicher vor den Gefahren des Kitsches bewahrten. Seine spröden und kratzigen Zeichnungen und seine expressive Farbwahl halfen ihm, jegliche Anfechtungen der geheuchelten Einfühlung abzuschmettern.

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8. Dezember 2012: Es begann mit einem roten Briefumschlag (Interview im "Neuen Deutschland")

Was als origineller Weihnachtsgruß gedacht war, wurde zur Geburtsstunde der Papierkorbzeitung. Alles Glück will Ewigkeit. Die Schwangerschaft beanspruchte Jahre, die Entbindung dauerte eine Stunde. In Krisenzeiten werden bekanntlich Zeitungen geboren. Pünktlich zum Krisenjahr 2011 war die Papierkorbzeitung da.

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18. Juli 2006: Die Schuster und der Chevalier - Kleine Fabel.

Schwarz war die Nacht und finster das Mittelalter. Obskur waren die Verhältnisse. Dunkel war die Vorzeit und grau alle Theorie. »Am Arsch ist es duster, da wohnt der Schuster«, sagten die Menschen und in ihrem Lachen war Bitterkeit ...

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29. August 2011: Jiří Šalamoun in Berlin

In meinem Arbeitszimmer hängt seit vielen Jahren ein Ausstellungsplakat von Jiří Šalamoun. Eine fröhliche Zeichnung zeigt drei Zirkusakrobaten, die versuchen, sich gegenseitig lustvoll-grimmig aufzufressen...

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18. Juni 2011: Fremde im Spiegel, Eröffnung der Ausstellung von Barbara Putbrese und Robert Metzkes in Altlangsow

Sind wir einander fremd durch Gewohnheit, werden wir wieder vertraut durch Fremdheit. Es ist der Spiegel, der uns verbindet und trennt.

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15. September 2012: Es muss im Leben mehr als alles geben. Eröffnung der Ausstellung von Hannelore Teutsch und Reinhard Jacob in Eisenhüttenstadt

Das entleerte Gerede vom Weg, der das Ziel sein soll, ist von Eduard Bernstein geborgt. Geborgt ist nicht erworben. Mit Vorliebe plappern so etwas die nach, die immer auf der Autobahn unterwegs sind. Die Malerin und der Bildhauer meiden solche Formeln – schon allein, weil sie die elementaren Fragen mit großem Ernst stellen. Was ist ein Ziel? Was ist ein Weg? Weiß das jemand?

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4. September 2009: Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst - Für Jana Dörfelt

Eines schönen Tages wurde eine junge Illustratorin vom Blitz getroffen. Das Oberstübchen brannte lichterloh. Das Feuer erreichte in Windeseile die Herzkammer...

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25. März 2012: Hase nach links, Hase nach rechts. Eröffnung der Ausstellung von Elli Graetz in der Klostergalerie Zehdenick

Am märkischen Dagowsee steht das schöne Haus von Elli und Jürgen Graetz. Der mythenbeladene Stechlinsee liegt gleich um die Ecke. Das Tor steht offen. Ich betrete den Hof. Kein Mensch ist zu sehen. Ich gehe in den Garten. Unter den Obstbäumen stehen Zauberfiguren. Der beseelte Schrott dreht und windet sich im blauen Winterlicht.

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5. Januar 2002: Die Zitrone am Himmel.

In einem armseligen Haus lebten drei Leute. Eine Henne, eine Giraffe und ein Schwein. In einer mondblauen Nacht klopfte ein müder Hund an die Tür.

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10. März 2006: In Berlin fällt dicker Schnee vom Himmel herab - Ein Interview

Es ist ein großes Wunder, dass wir uns so gut verstehen, obwohl wir ja alle permanent aneinander vorbei reden. Vielleicht ist unser Leben mehr ein Ergebnis von Missverständnissen als von Einverständnissen.

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9. Dezember 2005: O wie Oschatz - Eine Laudatio

Am 21. Oktober habe ich mein schwarzes Notizbuch verloren. Ich habe es in der Bahn, zwischen Berlin und Interlaken, liegen gelassen. Ich habe mit dem deutschen und dem schweizerischen Fundbüro telefoniert, ich werde es nicht mehr wiedersehen. Ich habe im Atlas gesucht und gesehen, dass von Interlaken Züge in die weite Welt gehen...

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2009: Scheißzeichnung

Denke ich an Frank Leuchte, fällt mir folgende Geschichte ein: Mitte der Achtzigerjahre treffe ich ihn, den verehrten und bewunderten Kollegen, auf der Schönhauser Allee. Leuchte sagt streng: „Ich habe eine Scheißzeichnung von dir gesehen.“ „Scheißzeichnung?“, frage ich erschrocken ...

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6. September 2002: Zum Tod des Graphikers Joseph W. Huber

Joseph hat wenig gesprochen und wenig geschwiegen. Diese eigentümliche Mischung war auch das Geheimnis seiner Produktion. Josephs Arbeiten, Plakate, Postkarten und Fotografien sind auf kunstvolle Weise sparsam. Sie zeigen anrührend unaufwändig das, was wir eigentlich selber hätten sehen können. Josephs Fingerzeige enthielten keinen Vorwurf. Er gab, ohne uns zu beschämen, freundlich grinsend Hilfestellung.

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6. Januar 2008: Fünf Sätze über Wilfried Bütow

Die Utopie vom Geben und Nehmen, bei ihm war sie lebendig. Wer gibt, darf nehmen. Wer nimmt, muss geben. Bütow war ein fröhlicher Nehmer und ein listiger Geber.

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13. Juli 2012: Was nicht da ist, wird nicht vermisst. Laudatio für Gerhard Oschatz im Schloss Hohenschönhausen

Die Geburt einer Zeichnung gleicht einer riskanten Schussfahrt. – Meistens stellt sich der Kopf schon quer. Dieser Schlagbaum klemmt gern und häufig. Hier wohnen das Wissen, das Vergleichen und die Verzagtheit. Ausschalten lässt sich dieses Organ leider nicht. Aber es gibt Kniffe und Listen den obersten Kontrolleur bei Laune zu halten.

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